AK-74

Nachdem die USA 1969 das Sturmgewehr Colt M 16 A1 mit Kaliber 5,56 x 45 mm als Standardwaffe in allen Teilstreitkräften eingeführt hatte und in der Folge diese
Waffe im Vietnamkrieg in großer Stückzahl zum Einsatz kam, entschloss sich die UdSSR Anfang der siebziger Jahre zur Entwicklung der AK-74 im Kaliber
5,45 x 39 mm sowie des LMG RPK-74. Die Einführung dieses modernen Sturmgewehres erfolgte in den Streitkräften der UdSSR ab 1974, so auch in den Truppenteilen
der in der DDR stationierten Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland (GSSD). Im Verteidigungsfall wären 8 Divisionen der NVA in
Form von zwei Armeen der 1. Front der Vereinten Streitkräfte der Warschauer Vertragsorganisation (WVO) unterstellt worden. Die Front umfasste sieben
Armeen, fünf sowjetische und zwei der NVA. Die operative Gesamtplanung oblag dem Generalstab der UdSSR. Dieser legte u.a. einheitliche Ausrüstung aller
sieben Armeen mit der AK-74 fest. Im Ergebnis dieser Festlegung traf die Kommission der Verteidigungsindustrie des RGW 1981 die Entscheidung,
dass zur Modernisierung der Streitkräfte des Warschauer Vertrages die AK-74 einzuführen ist. In einem Regierungsabkommen zwischen den Regierungen
der UdSSR und der DDR vom 15. Mai 1981 wurde der Lizenzerwerb zur Fertigung der AK-74 in der DDR vereinbart. Am 18. August 1981 erfolgte der Abschluss
des Vertrages unter der Lizenz Nummer: 80/5 – 12022, DDR: VVS DR I / 284 – 46 – 468/81.
Die Laufzeit dieses Lizenzvertrages war an die maximal erlaubte Produktionsmenge von 1 500 000 AK-74 gekoppelt. Bei Erreichen dieser Stückzahl wäre der
Vertrag automatisch erloschen. Durch die DDR wurde auch die Lizenz des LMG RPK-74 erworben, denn zur Ausrüstung einer motorisierten Schützengruppe gehörten
2 LMG RPK-74. Eine Lizenzfertigung des LMG RPK-74 wurde eingehend geprüft, aber auf Grund hoher Kosten verworfen. Da die technischen Ausrüstungen in der DDR nur die Herstellung von Läufen in einer maximalen Länge von 500 mm zuließen, hätte allein die Fertigung des längeren Laufes Kosten in Millionenhöhe
verursacht. Aus diesem Grund kam es zu einem Kompromiss – der Entwicklung eines LMG 500 im Kaliber 5,45 mm, welches die Importe des LMG RPK-74 aus
der UdSSR ersetzen sollte. Der Erwerb der Lizenzunterlagen für das Erzeugnis AK-74 mit dem Ziel Devisen zu erwirtschaften, ist eher unwahrscheinlich, da der Lizenzvertrag keinen Export in das NSW erlaubte. Trotzdem existierte beim Außenhandel ein Verkaufsprospekt, in dem die AK-74 als „Modell K 90“ bezeichnet wurde. Das war natürlich nicht korrekt, sollte aber offensichtlich in den 90er Jahren Interesse auf den internationalen Waffenmärktenwecken. Dazu kam es jedoch nicht.
Werksintern wurden die Modelle des Kalibers 5,45 mm in die Bezeichnungen des Baukastens 900 eingeordnet. Die Einführungszeit der Baukastenreihe 920 beanspruchte 50 Monate, von 1981 bis zur Serienreife 1985. An Investitionskosten wurden insgesamt 81,3 Mio. DDR-Mark benötigt, wobei der Anteil für Forschung und Entwicklung 15,6 Mio. DDR-Mark betrug.Weitere 45 Mio. DDR-Mark kosteten die Umrüstungen bei der Zulieferindustrie. Als außerordentlich schwierig stellte sich die Werkstoffbereitstellung für die Herstellung der kleinkalibrigen Läufe dar. Es musste erst ein spezieller Stahl entwickelt werden. Auch die Innenverchromung der Läufe
war eine enorme technische Herausforderung. Beim Finalproduzenten GWB war es insbesondere die von der Lizenzdokumentation geforderte Oberflächenbehandlung als Phosphat/Lacküberzug, da auch hier die entsprechenden Materialien erst entwickelt und die technischen Voraussetzungen für die Verarbeitung geschaffen
werden mussten. Dagegen konnte auf frühere Erfahrungen z.B. bei der Herstellung von Feingussteilen zurückgegriffen werden.